2008-2012

Brühl-Beirat

Dem Beirat war es möglich, beispielsweise zu diskutieren und zu fordern, dass die Verkaufsflächen etwas reduziert werden, das ein regulärer Architektenwettbewerb stattfindet, mit verschiedenen Fassaden gearbeitet wird (keine Vorhangfassaden, wie es kam) und die Erhaltung und Wiederherstellung der Blechfassade am ehemaligen Kaufhaus Brühl.

Die Renaissance, der in der Fläche relativ kleinen Leipziger Innenstadt, wird nur dann dauerhaft sein, wenn sich die Funktionen Arbeiten, Einkaufen, Wohnen, Kultur und Bildung die Waage halten und im Stadtbild ablesbar bleiben. Vor diesem Hintergrund ist jede monofunktionale Überbauung ganzer innerstädtischer Quartiere kritisch zu sehen. Nach der Entscheidung der Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft (LWB) zum Abbruch der Plattenbauten im Jahr 2002, gab es vielfache Bemühungen von Architekturfreunden für den Erhalt dieser DDR-Bauten. Das Stadtforum Leipzig plädierte dafür, dass, wenn diese Bauten abgebrochen würden, dann unbedingt die Chance genutzt werden müsse, auf den 52 Vorkriegsparzellen einen lebendigen Stadtteil neu entstehen zu lassen. Das hätte eine entsprechende städtische Rahmenplanung und den parzellenweisen Verkauf an viele Investoren mit vielen Konzepten erfordert. Unter Verweis auf ihre hohe Verschuldung setzte die LWB den schnellen Verkauf an nur einen Investor durch, den Centerbetreiber mfi aus Essen, der mittlerweile auch schon das alte Kaufhaus erworben hatte. Damit war an eine kleinteilige Entwicklung nicht mehr zu denken, die Weichen zum Bau eines riesigen Shoppingcenters gestellt. Gegen die Planungen der “Höfe am Brühl” liefen nicht nur wir, sondern vor allem auch die Einzelhändler der Innenstadt und die IHK, Sturm.

Was konnte seitdem maßgeblich durch das Stadtforum Leipzig, zusammen mit Partnern, insbesondere in der Architektenschaft, erreicht werden:

  • die Einrichtung eines Beirats für die Planungen mit Vertretern der Stadtverwaltung, des Stadtrats und Fachleuten, in den auch ein Vertreter des Stadtforums Leipzig entsandt wurde.
  • dass die Verkaufsflächen zumindest etwas reduziert und der zulässige Branchenmix etwas verträglicher für die übrige Innenstadt eingeschränkt wurde.
  • die Durchführung eines regulären Architekturwettbewerbs und nachfolgende (überarbeitete) Umsetzung dessen Siegerentwurfs.
  • dass das Center zum Brühl nach außen wirklich geöffnet wird in der gesamten Länge.
  • die Wiederaufnahme der alten geschwungenen Vorkriegsbaulinie am Brühl.
  • die Wiedererstehung der alten Plauensche Straße im historischen Verlauf.
  • außen verschiedene Fassaden, die zudem nicht nur einfach vorgehängt sind, sondern auch Brüche im Innern wieder spiegeln.
  • der Erhalt der Blechfassade als bedeutsamem Denkmal der DDR-Moderne und der 1960er-Jahre-Architektur insgesamt.
  • dass eben keine durchgehende Ladenzeile entstand, sondern versetzte Höfe in der Tradition der Leipziger Passagen.
  • dass auch das Innere durch Architekten gestaltet und deutlich höherwertig wurde als etwa im Paunsdorf-Center.
  • dass keine Ausgleichswohnflächen ganz nebenher vorschnell auf der letzten großen innerstädtischen Kriegsbrache, dem Matthäikirchhof, entstanden, für den es einer ganz sorgfältigen und hochwertigen Planung bedarf.
  • eine Verbesserung der Verkehrserschließung für Anlieferung und Parken, indem die dafür erforderlichen Flächen im Stadtraum deutlich reduziert

und optimiert wurden.

“Das sind Erfolge, die durchaus dazu berechtigen, dass man uns sagen kann, dass hier zumindest im Rahmen der Planungen von Shoppingcentern etwas Besseres und vielleicht auch Vorbildhaftes entstanden ist.”